Seit Jahren versuchen wir nun schon, unseren Gästen die
Entscheidung für geplante Ausflüge leichter zu machen. Begonnen haben wir
damit 1987, indem wir per Kurzwelle die Bodendruck-Karten abriefen. Wetterfax wird das genannt und auch heute noch in der Seefahrt benutzt. Der große Nachteil: unter fünf Minuten Übertragungszeit für die Pixel einer Karte ging gar nichts. Um all die für uns interessanten Karten abzurufen, hingen wir also zuweilen eine geschlagene Stunde an dem Kurzwellenempfänger mit "single
sideband"-Einstellung und lauschten dem Piepen, Pfeifen, Knattern und
Rauschen der analogen Signale. Immerzu muss man dran bleiben. Denn mit der Verschiebung der Ionosphäre verschiebt sich auch immer ein klein wenig die optimale Frequenz. Ätzend. Aber wenn man anders nicht ran kommt...
Dann bot der Kanarische Wetterdienst einen großzügigen Service an: die Karten
per Fax-Abruf. Toll. Die wenigen Pesetas für das Telefonat war uns das wert.
Doch bald wollte man in dem Amt auch den Dienst bezahlt haben. Da hätten wir
schon ganz ordentlich hinblättern müssen für mindestens eine Karte pro Tag. Doch der Informatik-Gott war uns wohl gesonnen: just zu diesem Zeitpunkt wurde
das Internet auch für uns hier auf der Insel greifbar. Damit war für uns
entschieden: das ist die Zukunft.
Seitdem probieren wir alles aus, was uns zugänglich ist.
Natürlich nicht jeden Tag und auch sicher nicht alles was es gibt. Aber jede
neue Quelle interessiert uns. Dazulernen kann man ja immer.
Letztendlich mussten wir jedoch erkennen, dass unsere ganz speziellen Interessen von keinem Anbieter so recht befriedigt werden können. Wen kümmert schon so eine Hand voll Verrückter auf der Inselecke, die immer nur die Frage nach dem Wind auf den Lippen hat? Was Tante Riffa an ihrer Flanke zu "unserem" Wind macht, weicht zuweilen erheblich von der Bodenströmung ab, die man aus den Isobaren schließen kann. Seit den Interpretationen vom Wetterfax haben wir unsere Einschätzung mit dem verglichen, was uns der Windgott dann gebracht hat. Und so wurde die Einschätzung Stück für Stück immer besser. Das konnte man damals sogar mit verfolgen, indem man unsere Windprognose mit den aktuellen Aufzeichnungen verglich.
Das geht im übrigen natürlich immer noch. Aber nun iste es halt nicht mehr unser "täglich Brot".
Die für uns zuverlässigsten Quellen waren
SURFLINE
und
N.C.E.P. Die schauten wir uns (fast) täglich an und
gaben unsere Einschätzung für die fünf bzw. sechs nächsten Tage, für die
die Anbieter jeweils eine Karte liefern. Das Resultat in Beaufort mit der zu
erwartenden Windrichtung schrieben wir dann in das entsprechende Feld. Also
beispielsweise aus der 60-Stunden-SURFLINE-Karte in die Spalte mit der
Überschrift 60 und die Zeile für übermorgen. Bei SURFLINE für die
Vorhersagezeiträume bis 120 Stunden und für die von AVN bis 144 Stunden, also
6 Tage.
Das war ganz praktisch, weil dann quasi die nächste Woche im Griff ist. Am
darauf folgenden Tag schauten wir die Karten dann wieder an und trugen unsere
Einschätzung für das obige Beispiel (morgen) in die erste Zeile und die Spalte
mit der Überschrift 36 ein. Sehr oft war das gleich, aber eben eine
Spalte weiter links. Die Zeile für gestern oder/und - wenn die Auswertung erst
am Nachmittag erfolgt - die für heute löschten wir und der Übersicht wegen
auch die alte Einschätzung.
Auf diese Weise versuchten wir, immer aktuell zu sein. Damit gaben wir unseren
Gästen Hoffnungen oder Entscheidungshilfe für einen Ausflugstag. Und eines ist
sicher: wenn wir bei der 144-Stunden-Vorhersage 6 Bft in Aussicht gestellt
hatten, diese Aussage für diesen Tag beim Vorhersagezeitraum von 120, 96, 72
und 48 Stunden noch immer geschrieben stand, dann packten diese 6 Windstärken
auch unsere Segel. Oder vielleicht auch mal 'ne Nummer mehr ;-)
Später ließ uns die Entwicklung in der Informatik noch viel, viel bessere
Vorhersagen machen. Mit den Daten von "
READY",
die wir damals manchmal sogar mehrmals am Tag abriefen. Das war der Hit.
Denn nun mussten wir die Druckverhältnisse nicht mehr selbst interpretieren,
sonder der Computer des Providers tat das. Wir mussten die nur noch mit unseren
Erfahrungen modifizieren, und schon erhielten wir (beinahe) unfehlbare
Vorhersagen. Was wollten wir mehr?
Wir hätten uns das nicht mal erträumen können. Denn dann kam Michael Scheer zu uns und stellte das von ihm angewendetet Wind-Modell WRF (Wind Regional Forecast) vor. Da übernimmt der Computer die Einschätzung, was bei der entsprechenden Bodenströmung mit welcher Stärke an unserer Ecke ankommen wird. Und da sind auch noch Parameter berücksichtigt, die uns bei Weitem überfordert hätten. Insbesondere die Verteilung der Luftströmung über die gesamte Athmosphäre, deren Temperatur und auch die Luftfeuchtigkeit. Viel zu komplex für ein menschliches Hirn. Leistungsfähige Rechner müssen das erledigen. Aber alle Achtung: die tun das hervorragend! Und vernünftig, nämlich "nur" für einen Zeitraum von 72 Stunden. Mehr macht nämlich wegen der verbleibenden Unwägbarkeiten keinen Sinn; verlängert nur die ohnehin umfangreichen Rechenzeiten. Aber zum Glück können wir da noch auf die alten Erfahrungen zurück greifen und unsere Faktoren weiterhin einsetzen. Nur dass wir das inzwischen auch dem Computer überlassen. Der verliert bei solchen Routinearbeiten (vier mal am Tag immerzu die gleichen Arbeitsgänge) wenigstens nicht die Lust ;-)
Jedenfalls bauen wir Michaels Rechenergebnisse (die jedermann bei
muchoviento abrufen kann) für die ersten drei Tage in unsere Vorhersage ein und erledigen den Rest mit den groben "Erfahrungs-Faktoren". Damit können wir nun bestens leben und sind nur ganz selten mal von einem Ausrutscher enttäuscht. Wenn es den hin und wieder mal gibt, dann meistens bei Tiefdruck-Einfluss. Zum Glück ja hier nicht allzu oft...
